Dreimal müsste man den Aphrodite-Felsen gemeinsam umschwimmen, dreimal für die ewige Liebe. Denn hier, am Strand von Petra tou Romiou, sei einst die Liebesgöttin dem Meer entstiegen. Das erzählen die Zyprer, sie erzählen es mit klarem Blick und einem Lächeln auf den Lippen.
Heute umrundet niemand den kleinen Felsen. Die See ist unruhig und die einzigen Besucher sind russische Touristen, die zwar kurze Hosen tragen, aber nicht den Eindruck erwecken, sich ewig binden zu wollen. Zwei Busse hielten kurz zuvor am Tourist Pavillon an der Küstenstraße gegenüber des Aphrodite-Felsens. Vom Kiosk aus kann man durch eine Unterführung den schmalen Strand erreichen, der von einigen Reiseportalen als einer der schönsten Orte der Republik Zypern beschrieben wird. Im Sommer muss hier alles gleißend sein. Gleißend hell, gleißend schön. Am Ende des Jahres ist da keine Überblendung mehr. Die Sonne legt sich konturlos auf die Asphaltstraße, der Wind beschlägt die Bronchien. Und doch ist es genau richtig, hier zu sein. Der Winter hält die Wärme, und es wäre durchaus vorstellbar, am Strand auf einen alten Zyprer zu treffen, der, auf einem Stein sitzend, carob-Früchte äße und jedem, der bei ihm stehen bliebe, erzählte, man müsse nur dreimal Zypern umrunden und die Welt würde in Harmonie und ewigem Frieden aufgehen.
Dass Zypern eine Insel der Brüche ist, es will nicht sofort auffallen. Widersprüche verbinden sich hier zu natürlichen Zirkulationen. Es beginnt mit der Landschaft. Da ist das Meer, mit seiner Weite, mit seinen Stränden und Klippen. Und dort, im Hinterland, ist das Troodos-Gebirge, mit seinen stoppelreichen Bergen, ansteigenden Landstraßen und Bergdörfern, die sich selbst ein- und alles Weitere ausschließen. Da treffen traditionelle Steinhäuser in den Höhen auf wuchtige Betonbauten in den Städten am Meer, da verlieren Fichten auf dem höchsten Punkt der Insel – dem Olympos – ihre Nadeln, während im Tal die Palmen die Melodien ihrer Palmwedel der Gischt anpassen. In Limassol verschmelzen griechische Architektur und Lebensgefühl mit italienischer, britischer, türkischer. Ausgrabungsstätten verweisen auf die Antike, zyprische Mythen und Sagen verbinden Epochen miteinander – bis die Grenze zu Nordzypern dem Zirkulären abrupt ein Ende setzt. Nordzypern, ein Begriff, der getrübte Sehnsucht in sich trägt. Seit über 40 Jahren warten Grundstücke im südlichen Teil auf die Rückkehr ihrer rechtmäßigen Besitzer. Wie ist es auf der anderen Seite? Die Insel dreimal umrunden, das müsste man.
Erstveröffentlicht auf Stadtnotizen.