Ich warte noch, ein paar Jahre vielleicht. Bis die Fliesen aufgesprungen sind, weil die Wand das Wasser nicht mehr zurückhalten konnte, und auch die Folie sich zur Unkenntlichkeit aufgeschwemmt hat.
Schlagwort: Notiz
Man schrieb Sätze von Schriftstellern über das Leben in ein Heft und entdeckte, wie berauschend es war, sich in Wörtern wieder zuerkennen, ›existieren ist trinken ohne Durst.‹ Man war überwältigt von einem Gefühl des Absurden und des Ekels. Unsere klebrigen Körper trafen auf das ›Geworfensein‹ des Existenzialismus.
Annie Ernaux: Die Jahre. Aus dem Französischen von Sonja Finck. Berlin: Suhrkamp Verlag, 4. Aufl. 2018. S. 63.
Einmal
Einmal war ich Bloggerin. Nur noch wenige wissen davon. Damals hörte ich auf, weil ich glaubte, Lebensabschnitte würden von außen diktiert. Ein Umstand, den ich hinnahm, man erzählte es mir ja so, und wer war ich, sich dagegen aufzulehnen? Ich dachte auch, ich hätte nur eine Chance, jetzt!, es wäre ein karrieristischer Fehler, weiterhin die zu sein, die ich war, all die Jahre, online, in der Zeit zwischen Pubertät, erster Liebe und Schulabschluss. Es ist schwer, nicht jede Meinung anzunehmen und nicht jedes Leben.
Pflockflötchenmarkt
Der Junge geht mir bis zur Brust, er ist einer von der Sorte »Oh, du Hübscher, hier hast du nen Fünfer, geh dir kaufen, was immer dich glücklich macht«.
Motte
In der Nacht liege ich wach. Eine Motte sucht das Licht. Sie hat sich die Tapete über dem Kopfteil des Bettes ausgesucht dafür. Mondstreifen dekorieren die Wand.
Sperrmüll
Ich war nicht draußen, heute. Das geht eigentlich nicht, das war so nicht abgemacht. Die Stadt fängt zu leben an, nach zwei Monaten, da bin ich mir ziemlich sicher, ich seh doch, wie der Sperrmüllberg gegenüber immer größer wird.